Erika R.
Als jüngste von drei Kindern erlebte ich eine sehr behütete, trotzdem abenteuerreiche Kindheit in einer bäuerlichen Großfamilie am Land.
Katholische Kirche und religiöse Leben waren fixer Bestandteil unseres Miteinanders. Soweit ich mich zurückerinnern kann, spielte Gott in meinem Denken immer eine Rolle; jedenfalls hatte ich keine Zweifel an seiner Existenz. Was mir aber Mühe machte, war meine Unfähigkeit, ein so perfektes Leben zu führen, wie ich meinte, es diesem großen unbekannten Gott schuldig zu sein. So erinnere ich mich an den tiefen Ernst, mit dem ich meine Erstkommunion empfing… Ich ging zur Beichte, nahm die Hostie, meinte, in diesem Augenblick sündenfrei zu sein, wollte diesen „heiligen“ Zustand in meinem Herzen bewahren, nur um festzustellen, dass mir das nicht mal in den Kirchenmauern gelang… böse Gedanken können sich auch in der frömmsten Umgebung einschleichen…
Nach der Hauptschule durfte ich als einzige der Familie aufs Gymnasium und damit ich ja nicht vom Lernen abgelenkt würde, musste ich ins Internat, wo ich unter schrecklichem Heimweh litt. In dieser Zeit plagten mich starke Verlust- und Todesängste. So fern von zuhause, lebte ich in ständiger Sorge, jemandem könnte irgendetwas zustoßen… Gott erschien mir nun sehr ferne und unerreichbar und um Ihm nahe zu kommen, begann ich – wie ich es daheim gelernt hatte – Vaterunser und Rosenkränze zu beten. Dazu musste ich mich natürlich abends in mein Internatszimmer einsperren, um nicht gestört zu werden. Ich steigerte die „Dosis“ täglich, um den „magischen Punkt“ einer Gottesbegegnung bzw. des Gefühls der Genugtuung vor Gott zu erreichen, während sich vor meiner Tür immer öfter rätselnde und spottende Mitbewohnerinnen sammelten. Ich muss damals sehr sonderbar auf andere gewirkt haben… Und den magischen Punkt erreichte ich nie…
Irgendwann ließ ich es sein und wendete mich anderen, altersgemäßen Beschäftigungen zu: ausgehen, tanzen, Partys, Freundschaften und Alkoholkonsum, um die Oberflächlichkeit und Sinnleere dieser Art des Lebens zu ertragen…
Als mir ein guter Freund eines Abends ganz offen von seiner Beziehung zu Gott erzählte, weckte er damit meine stillgelegte Gottsuche erneut. Wir schrieben uns Briefe und bald lud er mich mit vielen anderen zu einem „Interessententreffen“ auf seinen großen Bauernhof ein. Es war ein Abend wilder Diskussionen über Gott und die Welt – von einem Bibeltextabschnitt ausgehend… Ich merkte bei einigen, dass sie Gott anders erlebten als wir übrigen, so blieb ich länger, um sie fragen zu können: „Wie finde ich diese Gottesbeziehung?“ „Musst beten!“ war eine Antwort. Wenn die wüssten! dachte ich bloß, das hat bei mir nicht funktioniert!
„Musst in der Bibel lesen!“ meinte eine andere. Auch das hatte ich schon eine Zeitlang versucht und wieder aufgegeben, weil es für mich nicht lebbar war. Zu hoher Maßstab!
Ich war enttäuscht und traurig, als ich an diesem Abend heimfuhr.
Kurz darauf brachten mich zwei böse Konflikte mit einem Freund und meiner Mutter in ziemliche Unruhe und Verzweiflung. Ich schämte mich zutiefst für die bösen Worte, die ich ausgesprochen hatte und nicht mehr zurücknehmen konnte. Eingesperrt in meinem Zimmer suchte ich meine Schulbibel, schlug irgendwo auf und las Matthäus 12,33-37: “…Ich sage euch, dass die Menschen von jedem Wort, das sie reden, Rechenschaft geben müssen am Tag des Gerichts, denn aus deinen Worten wirst du gerechtfertigt werden und aus deinen Worten wirst du verdammt werden…“ Was ich da las, war das göttliche Gerichtsurteil über mein bisheriges Leben. Klarer ging es nicht! Ich wusste, ich hatte den Maßstäben Gottes nicht entsprochen, ich war Sünder durch und durch und würde niemals schaffen, so zu leben, wie es Gottes Vorstellungen entspricht. Was nun?
Ich schrie zu Gott in meiner tiefen Not: “Gott, wenn es dich wirklich gibt, musst du eine Lösung haben für dieses Dilemma! Wenn der Maßstab so hoch ist, kann ja KEIN Mensch in den Himmel kommen“ Im selben Augenblick wurde ich in meinen Gedanken auf das Sterben Jesu am Kreuz gelenkt, sah Ihn, den Unschuldigen,dort hängen für mich, die Schuldige und den Preis für meine Sünde bezahlen durch seinen Tod. Deshalb ist Er der Retter, der Heiland – mein Retter!
Was mir durch eigenes Streben bisher nicht gelungen war, wurde mir nun durch seine Gnade in einem Augenblick geschenkt! Ehrfurcht, Dankbarkeit und tiefe Freude erfüllten mein Herz.
Von da an änderte sich ziemlich viel in meinem Leben.
– Es wurde mir sehr wichtig, täglich in meiner Bibel zu lesen, mit Gott darüber zu reden (Gebet) und mich mit Menschen zu treffen, die diesen Glauben mit mir teilten.
– Ich musste vieles in Ordnung bringen und einige Menschen um Vergebung bitten.
-Die frohmachende Erfahrung drängte mich, vielen darüber zu erzählen.
– Ich entschied mich, um mehr zu lernen, kath. Theologie zu studieren…
Da musste ich allerdings bald erfahren, dass das mit meinen bisherigen Erfahrungen und Erkenntnissen aus der Bibel wenig gemeinsam hatte und so brach ich nach zwei Jahren ab, um auf der Päd. Akademie einen rascheren Abschluss zu machen. Sogar diesen „Selbstläufer“ hatte Gott in Seiner Gnade in Segen umgewandelt. Dort lernte ich meinen späteren Mann kennen und durfte miterleben, wie er in diesen Jahren an Jesus Christus gläubig wurde.
Einige Jahre später haben wir geheiratet und inzwischen sind unsere fünf geliebten Kinder groß geworden! In all den Jahren gab uns Gottes Wort Leitung und Orientierung für alle Belange unseres Lebens und wir durften Gottes treue Fürsorge in vielen Nöten erfahren.
Ihm zu vertrauen hat sich immer gelohnt / lohnt sich immer und Ihn besser kennenzulernen ist wirkliches Glück. „Glücklich der Mensch, der den HERRN fürchtet, der große Freude hat an seinen Geboten“ (Psalm 112,1)